Lob und Tadel für Wedels 2023er Haushaltsentwurf

23.12.2022

Positionsbestimmung der CDU durch den Fraktionsvorsitzenden Michael C. Kissig zum hoch defizitären Wedeler Haushaltsentwurf für das Jahr 2023.

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
werte Ratskollegen und Bürger,

"Dieser Haushaltsentwurf enthält viele Aspekte, die von der CDU kritisiert werden. Er zeigt keinen Sparwillen und es fehlen die dringend nötigen Maßnahmen, um das strukturelle Defizit von mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr auszugleichen. Dieser Haushaltsentwurf ist nicht zukunftsfähig!"

Mit diesen Worten habe ich meine Rede zum Haushalt 2021 und zum Haushalt 2022 begonnen und ich wiederhole mich heute nicht aus Gewohnheit oder mangels neuer Ideen, sondern weil sich die katastrophale Haushaltslage unserer Stadt schon über 10 Jahre hinzieht und sich keine Besserung abzeichnet.

Dieses ist gleichzeitig meine zwanzigste Haushaltsrede in der Wedeler Ratsversammlung und dieser Haushaltsentwurf für 2023 ist aus gleich mehreren Gründen bemerkenswert.

Zunächst möchte ich mich bei der Verwaltung für die Aufstellung des Haushalts und für die vielen Erläuterungen und die viele Arbeit bedanken, die die Mitarbeiter in den letzten Wochen geleistet haben.

Zugleich muss ich anmerken, dass ich in meinen 20 Jahren hier im Rat noch nie eine so schlechte Vorbereitung der Kommunalpolitik auf die Haushaltsberatungen erlebt habe. Bis zum Schluss fehlten Unterlagen und Erläuterungen, bis zum Schluss lag uns kein abschließender Entwurf vor, über den wir im Detail und unter Abwägung aller Aspekte hätten beraten können.

Hier gibt es großen Verbesserungsbedarf, damit künftig die Beratungen qualitativ besser und mit weniger Aufwand für alle Beteiligten erfolgen können. Der Blick in den 2023er Stellenplanentwurf mit seinen diversen zusätzlichen Stellen im Finanzbereich zeigt, dass dies bezüglich Besserung gewünscht und möglich ist.

Dieser Haushaltsentwurf entspricht nicht den Strategischen Zielen des Rates und nicht den Vorgaben des Innenministers. Er ist hoch defizitär und schuldenbasiert und eine Belastung für die nachfolgenden Generationen.

Unter finanziellen Gesichtspunkten kann man diesem Haushalt also nicht zustimmen!

Nun geht es bei einem Haushalt nicht nur um Geld an sich, sondern vor allem um die Finanzierung der Leistungen, die wir als Stadt für unsere Bürger erbringen wollen.

Und diese Kehrseite enthält viele Angebote und Dienstleistungen, die wir als CDU ausdrücklich unterstützen. Der Schwerpunkt liegt hierbei wie schon seit einigen Jahren auf den Bereichen Kinder, Bildung und Sport. Hier haben wir in den letzten Jahren viel Geld ausgegeben und werden dies auch in Zukunft tun. Wir wollen und wir müssen.

Wir kritisieren nicht die Leistungen für die Bürger, wir kritisieren, dass sie so massiv defizitär erbracht werden! Die hier immer weiter steigenden Defizite haben unsere Stadt an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht und inzwischen sogar über diese Grenze hinaus. Es drohen massive Einschnitte, wenn hier nicht endlich umgesteuert wird!

Gleichzeitig sinken die Ansprüche und Notwendigkeiten ja nicht. Wie benötigen eine bessere Kinderbetreuung, wir benötigen eine bessere schulische Versorgung, wir benötigen mehr und bessere Sportmöglichkeiten. Das kostet Geld und diese Investitionen sollen über noch mehr Millionenschulden erbracht werden.

Dabei ist Wedel bereits "überinvestiert" und hält eine Infrastruktur vor, wie sie für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern üblich ist. Auch deshalb hat die CDU gefordert, städtische Räume nicht tagsüber leer stehen zu lassen, sondern mehrfach zu nutzen. Nicht jedes Leistungsangebot kann und muss in einem eigenen Gebäude erbracht werden. Einen entsprechenden CDU-Antrag zur Überprüfung von möglichen Doppelnutzungen und möglichen Umstrukturierungen hat der Rat Anfang 2020 beschlossen und die Verwaltung hat nun zugesagt, diesen auch abzuarbeiten.

Vertane Zeit! Während die Debatte um neue Schulstandorte immer schriller geführt wird, fordern wir schon lange, die beiden vorhandenen Schulen auf eine Möglichkeit zur Reaktivierung zu prüfen. Die Pestalozzi-Schule und die ABC-Schule werden nicht mehr als Schulen genutzt, wurden aber in den letzten zehn Jahren vollständig und mit Millionenaufwand saniert. Mit dem Bauhofgelände grenzt an die Pestalozzi-Schule zudem ein städtisches Grundstück an, das für Erweiterungsbauten in Betracht gezogen werden kann. Schnelle Lösungen für aktuelle Probleme? Wir wissen es nicht. Aber wir fordern erneut, dies endlich ernsthaft unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile und Möglichkeiten zu prüfen!

Auch darüber hinaus stehen uns weitere wichtige Auf- und Ausgaben bevor. Wir benötigen eine neue Feuerwache, wir wollen die Stadt in Sachen Mobilität zukunftsfähiger und ökologischer aufstellen, wir benötigen bezahlbaren Wohnraum für unsere Bürger und wir dürfen unsere Senioren nicht ständig ignorieren! Sie stellen inzwischen die Mehrheit unserer Bevölkerung und haben einen genauso starken Anspruch auf Lebensqualität und Teilhabe in unserer Stadt.

Zur Zukunftsfähigkeit einer Stadt gehört aber auch, dass sie auf einem soliden Finanzfundament ruht. Das ist in Wedel seit zehn Jahren nicht mehr gegeben. Die Hoffnungen ruhen darauf, dass mit externer Beratung endlich umgesteuert wird, dass neue Ideen und Bewertungen auf eine neue strategische Steuerung stoßen und am Ende bessere Diskussionen und bessere Ergebnisse stehen. Doch das wird kein Selbstläufer, dazu ist die engagierte und zielgerichtet Mitarbeit von vielen nötig: vom Bürgermeister und seiner Verwaltung ebenso wie vom Rat und letztlich auch den Bürgern.

Wir haben in der CDU lange und intensiv darüber beraten, wie wir mit diesem Haushalt umgehen. Die aus finanzieller Betrachtung nötige Ablehnung haben wir gegen unsere gesellschaftliche Verantwortung zur Verbesserung der Lebensverhältnisse unserer Bürger abgewogen. Wir können mit unseren 11 von 36 Sitzen in der Ratsversammlung die städtischen Finanzen nicht alleine in Ordnung bringen und wir können auch keine Projekte alleine auf den Weg bringen. Hierzu sind Kompromisse und gestalterische Mehrheiten nötig. Wir haben uns daher entschieden, die vielen wichtigen Projekten, die in diesem Haushalt fortgesetzt oder neu angeschoben werden, zu unterstützen, obwohl ihre Finanzierung nicht gesichert ist.

Wir sind auf die Genehmigungserteilung des Innenministers angewiesen, ohne die die nötigen Projekte in 2023 nicht angeschoben werden können. Ein Zeitverzug würde zu erheblichen Belastungen für die betroffenen Bürger führen, die für Wedels finanzielle Notlage aber am wenigsten können.

Darüber hinaus hat die Verwaltung klargemacht hat, dass dieser Haushalt nur wenige Monate fliegen wird. Dann steht bereits der 1. Nachtragshaushalt an, in dem Projekte fortgeschrieben und weitere Entwicklungen eingepreist werden.

Die CDU wird sich heute also enthalten, um das Genehmigungsverfahren starten zu lassen und die dringend nötigen Investitionen und personellen Verstärkungen auf den Weg zu bringen.

Die finanzielle Schieflage werden wir im Rahmen der mittelfristigen Haushaltskonsolidierung und der strategischen Neuausrichtung in Angriff nehmen, um die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit unserer Stadt wieder herzustellen.

Michael C. Kissig
Fraktionsvorsitzender